......................................................................Unsortiert, Verquert, Spontan, Geklaut, Verdaut und Ausgekotzt

Alter und Altern

Auch wenn man Statistiken misstraut und den jeweiligen, oft durch tagespolitische Interessen geprägten,  Interpretationen derselben eher kritisch gegenüber steht, so bleibt es eine Tatsache: Unsere bisherigen Vorstellungen von Altern und Alter sind überlebt und zukunftsweisende, nachhaltige Antworten auf die sich daraus ergebenden Fragen sind Mangelware. Viele Junge können und viele Alten wollen nicht über einen Lebensabschnitt sprechen, der zwar demographisch aufbereitet, wissenschaftlich eingekreist, aber immer noch gesellschaftlich und individuell tabuisiert wird und oft mit versteckter oder offener Aggression und Abwehr belegt ist.
Alt ist jedoch kein Schimpfwort und keine ansteckende Krankheit. Alt wird jeder, der nicht jung stirbt. Umso seltsamer erscheint dann doch die in der gesamten Gesellschaft latent vorhandene Altersfeindlichkeit, die sich beispielhaft in Sprache ausdrückt.
Da ist unter anderem die Rede von „überalterter Gesellschaft“, von der „tickenden demografischen Zeitbombe“, von „Altenlast“ und „Restlebenserwartung“ und man zittert allerorts vor der bald herab sausenden „Seniorenlawine“.
In der Mehrheit solcher Begriffe und Aussagen spiegelt sich eine negative Einstellung zum Altern und zu älteren Menschen wider, die vom Defizitmodell des Alterns, von der Angst vor gesellschaftlichen Veränderungen und von der Verweigerung der Akzeptanz der Endlichkeit des eigenen Lebens gespeist und geprägt wird.
In Zeiten gesellschaftlicher Umbrüche und weltweiter Umstrukturierungen sind all diese Ängste und Abwehrhaltungen verständlich. Sie sind jedoch sowohl für die Gesellschaft als auch für den Einzelnen kontraproduktiv, da sie den Blick auf das Wesentliche verhindern: Die zunehmende Lebenserwartung ist eine Chance für den einzelnen Menschen und für die Gesellschaft, da sie eine Vielzahl an bisher nicht genutzten Ressourcen sowohl in Bezug auf Erfahrungen, Wachsen, Veränderungen als auch an Wissen, Kompetenz und Kreativität freisetzt. Diese Potentiale zu fördern und zu nutzen setzt ein Umdenken und einen (ab jetzt für Zukünftiges schon in jungen Jahren angelegten) Perspektivwechsel in den Köpfen aller voraus.
Wir, sowohl die Jungen, als auch die Alten, müssen wieder lernen, das Altern und Alter etwas ist, das dem Leben selbstverständlich zugehörig ist. Nicht aus Mitleid für die jetzigen Alten, nicht aus falsch verstandenen humanitären, aufgesetzten Gründen, nicht um einem verquerten „Gutmenschsein“ zu frönen, sondern aus ganz egoistischen, überlebensnotwendigen Überlegungen: Nur im Dialog der Generationen, nur im Miteinander, nur im gemeinsamen Lernen, Lehren, Austauschen und Tun werden wir die Lösungen finden, die uns und diese Welt vielleicht gesunden lassen.