Es fällt mir mit zunehmendem Alter schwerer, die Dinge
beim Namen zu nennen. Nicht, weil ich ihre Namen nicht wüsste, sondern weil ich
sie schon so oft wiederholt habe. Die Quelle in mir, die mich all die
vergangenen Jahrzehnte ermutigt hat, wieder und wieder geduldig die gleichen
Sachverhalte aufzuzeigen, zu erklären, zu deuten, gluckert an manchen Tagen nur
noch rinnsälig vor sich hin. Es kostet mich heute mehr Kraft als früher den
zukunftstragenden Sinn hinter meinem Engagement zu erkennen und ihn als
Motivationsbeschleuniger anzuzapfen. Es ermüdet, wenn man sieht, wie mühsam
Entwicklung bei den Menschen läuft, wie träge Erkenntnis sich verbreitet und
welchen depperten Abzweigungen und welchen erbärmlichen Rückschritten sich
Menschlichkeit tänzelnd weltweit hingibt.
Auf der anderen Seite beschimpfe ich mich dann des Öfteren
als anmaßend, lernte ich doch, dass man eigene Erfahrungen nicht eins zu eins
an die Nachkommenden weiter geben kann, sondern jeder Mensch seine eigenen
machen und selbstständige Schlüsse daraus ziehen können muss. Und dann schreibe
und rede ich wieder in der Hoffnung, hilfreich kleine Puzzleteile zum
eigenständigen Denken an die Hand geben zu können.
Jedoch ermüde ich schneller und lasse mich fallen in eine
Stille in mir, die ich als wohltuend und schützend empfinde. Nur das Lächeln
meiner kleinen Enkelin durchbricht diese Stille dann. Sie, mit ihren klugen
fragenden Augen. Dann weiß ich sofort, warum ich die Namen der Dinge auch noch hunderttausend
Mal wiederholen werde.