......................................................................Unsortiert, Verquert, Spontan, Geklaut, Verdaut und Ausgekotzt

Generation

Ich gehöre zu der Generation, die sich mühsam aus dem rechten Sumpf der Frauen/Menschenverachtung heraus kämpfen musste und der man von links permanent predigte, Frauen und Kinderrechte seien ein Nebenwiderspruch mit dem sich später irgendwann zu beschäftigen sei. Fuck you all!

Würde

Welch liebevoller Text:

 
„Gestern mit Opi bei der Bank gewesen, Vollmacht, Online-Banking, dies, das.
 
Bank bis 12:00 offen, verkehrsbedingt gerade noch um 11:45 eingeflogen, habe um Entschuldigung gebeten und mitgeteilt, dass wir auch ein andermal kommen können, wenn’s jetzt zu knapp wird.
 
Beraterin nimmt sich ausgiebig Zeit, auch in ihrer Pause, bietet Getränke an, hört Opi geduldig bei seinen Anekdoten der letzten 70 Jahre zu „wissen Sie noch, wie die Bank mal überfallen wurde?“ (das war vor 40 Jahren), „was macht denn der Herr x?“ (er ist seit 30 Jahren im Ruhestand und bei bester Gesundheit).
 
Ich bin sooooo dankbar, dass das für Opi eine gute Erfahrung war.
 
So dankbar.
 
Er kann kaum noch laufen, hört kaum noch etwas, versteht komplexere Sachverhalte nicht mehr so gut.
 
Aber er ist noch immer da, mit 90 Jahren Lebensleistung auf dem Zettel, er ist weder unsichtbar noch ausrangiert.
 
Ich bin oft mit ihm unterwegs, bisweilen reden die Menschen nur mit mir und über ihn, als wäre er nicht dabei.
 
Es ist doch alles schon schwer genug für ihn, jede Woche verliert er ein Stück Selbstständigkeit.
 
Ihm gebührt noch immer Respekt, seine Würde ist noch immer und auch mit 90 unantastbar.
 
Vielleicht dauert es etwas länger, vielleicht ist es mühselig, aber er hat einfach verdient, dass man sich Zeit für ihn nimmt und ihm zuhört.
 
Danke!“
 
Gefunden auf Twitter von Mark Müller

Erinnerungen

 

Ich erinnere mich an …

 
lange Strickstrümpfe mit Laibchen
das Kratzen auf den Schiefertafeln
Pitralon und Fit
Muscheln, aus denen Bonbon gelutscht wurde
Sütterlin in der Schule
drei schwarz-weiße Fernsehprogramme
Wundertüten
frische Milch in der Kanne
„heile, heile Gänschen“
die erste Mondlandung
den Abschlussball der Tanzschule
VW-Busse mit geteilter Frontscheibe und Seitentüre mit Scharnieren
die Velo-Solex mit Reibrolle
Holzskier mit Spiralbindung und Lederriemen
an das eiskalte Wasser im Schwimmbad, wenn montags das Wasser
gewechselt wurde
Fadenspiele
Sonntagskleidchen
Mädchen mit Affenschaukeln
Rollschuhe mit vier Eisenrollen
den Bravo-Starschnitt
die Augsburger Puppenkiste: Der kleine dicke Ritter Oblong-Fitz-Oblong
den riesigen Waschkessel im Keller, der Montags beheizt wurde
die roten Hände meiner Mutter beim Waschen
Brötchen mit gequetschtem Neger(!)kuss
Sunkist in der Pyramidenpackung
die Eisenbahn meines ältesten Bruders
Klick-Klack-Kugeln
das Testbild im TV
Feuersalamander
ein Plumpsklo mit Toilettenpapier aus Zeitungsstücken
Gummitwist
Cassata-Eis
Rabattmarken, von deren Erlös die Backzutaten für Weihnachten gekauft wurden
Nappos
Buttercreme-Torte
Messingschirmchen mit Servietten
den Knicks
den Scheitel
Sammelbilder in Köllns Kernige Haferflocken
das Magische Auge im Grundig-Radio
Zehnfachwechsler für Single-Schallplatten
Bonanza kommt (samstags 17 Uhr)
Klickern
Raumschiff Orion
Pudelmützen
kurze Lederhosen
Kaugummiautomaten
"Dalli-Dalli"
Kniestrümpfe
Brausestäbchen
meinen ersten Patronenfüller von Brause
ZDF-Hitparade mit Diether Thomas Heck
Hanni und Nanni
Daktari
Fury
Wilma und King
Lassie
Rin Tin Tin
Haferflocken mit Milch und Rosinen zum Abendessen
die Kanne mit Öl neben dem Ofen
Am Fuss der Blauen Berge
Hoola-Hoop-Reifen
Hinkelkasten
den Knick im Sofakissen
samstägliches Baden in einer großen Zinkwanne
Sunkist in der Pyramidenpackung
zehn Lose auf der Kirmes für eine Mark
Kriegsversehrte in dreirädrigen Karren mit Handantrieb
das Sammelkästchen mit nickendem Afrika-Kind
Schrankenwärter
Spielkreisel
den Kohlenkeller
„die Tafel ist noch nicht aufgehoben“
das Sonntagsei
eine Brezel für sieben Pfennige
Wollstrumpfhosen
Atika-Zigaretten
freihändig Radfahren
VW Käfer
Bezaubernde Jeanny
Topflappen häkeln
Kirschen klauen
Freischwimmer
das HB-Männchen
Kulis (Kulenkampf) "Einer wird gewinnen"
Holzschlappen im Sommer
Badekappen mit Blümchen
Tatzen in der Schule
in der Ecke stehen im Klassenzimmer
Silberbesteck für die spätere Aussteuer zu jedem Geburtstag von der Patentante
mein Poesiealbum mit Glanzbildern
Tri-Top
Lebertran
Mini Pli
Marmor, Stein und Eisen
Kreidler Florett
Strohsterne basteln
La, le, lu, und der Mann im Mond schaut zu
unser Grammophon
Schellack-Schallplatten
Lumpensammler
„jetzt reden die Erwachsenen“
Kathreiner Kaffee
Schlüsselblumen am Bach
selbstgebaute Drachen
bleichen der Wäsche im Hof
mein Klappbett
„Licht aus!“
 
Gefunden bei Anner Werner auf facebook.
 
Und ja, ich erinnere mich auch. 😊 Wobei, Lackschühchen am Sonntag, die gab es auch noch.


„Jedes Alter hat seine eigene Schönheit“

Herz umhastet mit stolperndem Schluckauf

die keuchend knarzenden Knochen.

Knie quietscht empört wackelnd die

krampfhaft bibbernden Muskeln an.

Blase verweigert jedwedes Gespräch

mit den eingeschnappten Nieren.

Füße schieben sich mit quellendem

Frohlocken in die aufgepumpten Waden.

Fußnägel krallen sich Halt suchend in

paarungswillig anbiederndes Fleisch.

Haare spielen verschämt grinsend

Haschmichdoch in Kämmen und Bürsten.

Brüste grüßen den kugeligen Bauch

im sanften Vorüberschaukeln.

Arschbacken flirten aufdringlich albern

mit den unwillig ziependen Kniekehlen.

Steife Hände tasten zitternd nach

den verschwommenen Augenblicken.

Haut faltet sich zielorientiert beharrlich

um innovativ braun gesprenkeltes Gelände.

Der Geist schlägt sich entsetzt

vor die gerunzelt weise Stirn.

 

Die Schönheit des Alterns

erschließt sich mir nur langsam.


Corona – kein Land in Sicht.

Wenn ich mir die Videos der Impfverweigerer und deren Gesichter und Mimik anschaue, dann beame ich 50 Jahre zurück und erinnere mich an unsere Demos für bezahlbaren Wohnraum, für die Streichung des §218, für Gleichberechtigung, kostenlosen ÖPNV, ein anderes Schulsystem, und, und, und. Erinnere mich an das hasserfüllte Kreischen vom Straßenrand: „Wenn es euch hier nicht passt, dann geht doch rüber!“
 
Die Überschneidungen in Gestik, Mimik und Geschrei sind frappierend. Was glaubt ihr, was das mit jemanden wie mir macht?
 
Ja, ich verstehe das Leid aufgrund der Pandemie der jungen Leute. Ihre Angst um Zukunft, ihre Hilflosigkeit, ihre Wut über das Zerbrechen von Karriereplänen, ihren Zorn über das Wegbrechen von bisher als selbstverständlich angenommenen Freiheiten. Ich fühle ihre Frustration, ihre Verzweiflung.
 
Aber, was macht diese ganze Scheiße mit einem älteren Menschen wie mir? Glaubt ihr mit 65 hat man keine Zukunftspläne? Glaubt ihr, ich habe mir meinen „Seniorenstatus“ so vorgestellt? Glaubt ihr, ich möchte noch jahrelang, trotz Impfungen, im Zustand der Angst vor Atemlosigkeit und einem Tod, den ich dann nicht mehr selbst gestalten kann, leben? Glaubt ihr, es sei höchst motivierend, wenn einem nach fünfzig Jahren die gleiche Scheiße hoch 10 immer noch um die Ohren knallt? Ja klar, Resilienz habe ich bewiesen, mehr als einmal. Aber vielleicht bin ich erschöpft, weil Alter halt doch etwas mit einem macht. Vielleicht gehen meine körperlichen und seelischen Widerstandskräfte gerade zur Neige. Vielleicht habe auch ich Angst?
 
Also, hören wir auf zu jammern. Was können wir tun, um das Unerträgliche erträglich zu gestalten? Gemeinsam! Jung und Alt. Verdammt.
 
Danke, dass ich auch mal spontan nölen durfte. 😉

Und dann warst du fort

Manche Menschen haben mich in meinem Leben ein Stück des Weges begleitet. Dann sind sie abgebogen. Meistens passte dies ganz gut, war einvernehmlich und das Kapitel konnte im eigenen Lebensbuch gelassen geschlossen werden. Bei einigen jedoch, die sich entfernt hatten, blieb die Gewissheit, dass man sich bestimmt noch einmal wiedersieht, weil so viele Fäden noch zu Ende gesponnen werden wollen. Gemeinsam. Und dann lässt man sich Zeit. Und dann erfährt man, dass dieser Mensch mittlerweile gestorben sei und es bleibt eine tiefe innere Verzweiflung und Leere.
 
Ich lerne (wie viele Male denn noch, Frau Müller?!): Unsere Leben sind nicht unendlich. Der Tod tanzt jede Minute mit. Also, wenn du was zu sagen hast, schiebe es nicht auf. Halte Kontakt, geh auf dein Gegenüber zu. Immer wieder. Lass nichts ungesagt, lass nichts ungelebt. Zeit gibt es nicht im Überfluss. Das Leben wartet nicht auf dich, der Tod nimmt keine Rücksicht auf deine Befindlichkeiten.  *traurig

Meine Seele hat es eilig.

Ich habe meine Jahre gezählt und festgestellt, dass ich weniger Zeit habe, zu leben, als ich bisher gelebt habe.

Ich fühle mich wie dieses Kind, das eine Schachtel Bonbons gewonnen hat: die ersten isst sie mit Vergnügen, aber als es merkt, dass nur noch wenige übrig sind, begann es, sie wirklich zu genießen.

Ich habe keine Zeit für endlose Konferenzen, bei denen die Statuten, Regeln, Verfahren und internen Vorschriften besprochen werden, in dem Wissen, dass nichts erreicht wird.

Ich habe keine Zeit mehr, absurde Menschen zu ertragen, die ungeachtet ihres Alters nicht gewachsen sind.

Ich habe keine Zeit mehr, mit Mittelmäßigkeiten zu kämpfen.

Ich will nicht in Besprechungen sein, in denen aufgeblasene Egos aufmarschieren.

Ich vertrage keine Manipulierer und Opportunisten.

Mich stören die Neider, die versuchen, Fähigere in Verruf zu bringen, um sich ihrer Positionen, Talente und Erfolge zu bemächtigen.

Meine Zeit ist zu kurz um Überschriften zu diskutieren. Ich will das Wesentliche, denn meine Seele ist in Eile. Ohne viele Süßigkeiten in der Packung.

Ich möchte mit Menschen leben, die sehr menschlich sind.

Menschen, die über ihre Fehler lachen können, die sich nichts auf ihre Erfolge einbilden.

Die sich nicht vorzeitig berufen fühlen und die nicht vor ihrer Verantwortung fliehen.

Die die menschliche Würde verteidigen und die nur an der Seite der Wahrheit und Rechtschaffenheit gehen möchten.

Es ist das, was das Leben lebenswert macht.

Ich möchte mich mit Menschen umgeben, die es verstehen, die Herzen anderer zu berühren.

Menschen, die durch die harten Schläge des Lebens lernten, durch sanfte Berührungen der Seele zu wachsen.

Ja, ich habe es eilig, ich habe es eilig, mit der Intensität zu leben, die nur die Reife geben kann.

Ich versuche, keine der Süßigkeiten, die mir noch bleiben, zu verschwenden.

Ich bin mir sicher, dass sie köstlicher sein werden, als die, die ich bereits gegessen habe.

Mein Ziel ist es, das Ende zufrieden zu erreichen, in Frieden mit mir, meinen Lieben und meinem Gewissen.

Wir haben zwei Leben und das zweite beginnt, wenn du erkennst, dass du nur eins hast.

Mario de Andrade (San Paolo 1893-1945)