„Frau Müller, Sie sind seit einigen Jahren Single. Stört
Sie das nicht? Vermissen Sie nichts?“
„Nein. Ich hatte meine Beziehungserfahrungen. Manche
verdammt gut, manche sehr schräg, manche erbärmlich, manche gefährlich – alle
ausgesprochen lehrreich.“
„Und nun sind Sie zufrieden? Nicht einsam?“
„Zufrieden ja. Einsam manchmal. Allerdings wäre mir heute
der Preis für eine innige, konventionelle Zweierbeziehung in manchen Bereichen
viel zu hoch.“
„Fehlen Ihnen nicht Sinnlichkeiten und Erotik?“
„Sie meinen Sex? Dafür brauche ich heute keine feste
Partnerschaft mehr mit allem Drum und Dran. Ich kann ganz gut für mich sorgen
und muss bei Befriedigung meiner derartigen Bedürfnisse nicht mehr gleich in
die Beziehungskiste springen.“
„Welche Art von Partnerschaft könnten Sie sich denn heute
vorstellen für sich?“
„Zwei Modelle. Modell eins: Ich treffe auf einen
Menschen, dessen Interessen, Wissen, Humor, Erfahrungen, Haltung, Menschenbild,
Spontanität, Sinnlichkeiten und Sehnsüchte sich von jetzt auf gleich mit den
meinen derartig verzahnen, so dass die Form der Beziehung unerheblicher
Schnickschnack wäre, der keiner sofortigen Klärung bedürfte. So als würde man
sich schon seit ewigen Zeiten kennen. Kein Beginn bei null, sondern gleich
mittendrin. Modell zwei, und Achtung, hier wird es müllerisch: Ein Mensch, der
gänzlich anders tickt als ich, mich aber durch dieses Anderssein dermaßen
verzückt, dass ich ihm durch die ganze Welt (im wörtlichen Sinne) folgen und
ihn begleiten würde bei seinen Lebensabenteuern. Als Gefährtin, Beraterin,
Zuschauerin, Teilende im Sinne von: Wir lachen uns gemeinsam schräg über seine
und meine amüsanten und manchmal verworrenen Unternehmungen zur Befriedigung
unserer jeweiligen Lebensgelüste. Übrigens in beiden Fällen spielen für mich
Geschlecht gar keine und Alter nur eine situationsbedingt jeweils genau zu
überprüfende Rolle.“
„Nun, Frau Müller, das sind Vorstellungen, die kaum zu
erfüllen sein werden und auch sehr wenig mit klassischen Beziehungsmodellen zu
tun haben.“
„Ach? Wir werden sehen. Und bis dahin habe ich ja mich
und meine Zufriedenheit mit mir. Ausreichend, ausgesprochen ausreichend.“